Was bedeutet die rechtssichere Übertragung von Unternehmerpflichten?
Die rechtssichere Übertragung von Unternehmerpflichten bedeutet, dass ein Unternehmer bestimmte gesetzliche Pflichten und Verantwortungen formal und wirksam auf qualifizierte Mitarbeitende oder Dritte überträgt, um diese rechtlich abzusichern. Dies erfolgt durch klare, schriftliche Delegationen, die die übertragenen Aufgaben präzise beschreiben und sicherstellen, dass der Empfänger der Pflichten über die notwendige Qualifikation und Kompetenz verfügt. Ziel ist es, die Haftung des Unternehmers zu minimieren und sicherzustellen, dass die gesetzlichen Anforderungen weiterhin erfüllt werden. Essenziell ist dabei die fortlaufende Überwachung und Dokumentation der ordnungsgemäßen Ausführung der übertragenen Pflichten.
Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Übertragung von Unternehmerpflichten?
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG):
Im Bereich des Arbeitsschutzes erweitert sich die Verantwortlichkeit ohnehin. So bestimmt das Arbeitsschutzgesetz zum einen in § 13 I Nr. 2, dass für die Erfüllung der einschlägigen Pflichten neben dem Arbeitgeber Personen, die mit der Leitung eines Betriebes beauftragt sind, Verantwortung tragen. Zu diesem Personenkreis zählen auch Führungskräfte der oberen betrieblichen Leitungsebene.
Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (DGUV Vorschriften):
Konkretisiert wird dies durch die Berufsgenossenschaft in der BGI 508 / DGUV Information 211-001, wonach sich eine Sicherheitsverantwortung schon ohne gesonderten Übertragungsakt aufgrund der aus dem Arbeitsvertrag übertragenen Aufgaben und der Stellung im Betrieb ergibt. Auch die Rechtsprechung knüpft an die tatsächliche Übernahme von Pflichten aufgrund der gelebten Praxis an (BGH 4 StR 289/01 v. 31.01.02 – Urteil zur Wuppertaler Schwebebahn). Das gleiche Prinzip findet auch im Umweltschutz Anwendung.
Welche Pflichten und Verantwortungen können auf Mitarbeiter übertragen werden?
Neben dieser gesetzlichen Pflichtenübertragung bietet § 13 II ArbSchG die Möglichkeit für Arbeitgeber, die Verantwortung für die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu delegieren.
In Verbindung mit der aus § 3 ArbSchG resultierenden Organisationspflicht ist eine dezentrale Aufgabenverteilung – mithin die Übertagung der Unternehmerpflichten – in den Fällen, in denen der Arbeitgeber nicht in eigener Person effektiv arbeitsschutzrechtliche Aufgaben realisieren kann, sogar verpflichtend. Da eine eigene Pflichtenwahrnehmung durch den Arbeitgeber maximal noch in einem kleinen Handwerksbetrieb möglich ist, ist die Delegation von Unternehmerpflichten in den meisten Unternehmen unerlässlich.
Welche Anforderungen müssen für eine wirksame Übertragung von Pflichten erfüllt sein?
Eine wirksame Delegation hat bestimmten Kriterien zu genügen. Die reine Aufgabenübertragung ist allein nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es einer hinreichend genauen Konkretisierung der Verantwortung und Kompetenzen des Delegationsempfängers. Für die Praxis bedeutet das zunächst, dass die abstrakten rechtlichen Vorschriften in explizite Aufgaben zu formulieren sind, um die Befugnisse des Verantwortlichen klar zu bestimmen.
Des Weiteren ist der Beauftragte, an den die Unternehmerpflichten delegiert werden, sorgfältig und seinen Qualifikationen gemäß auszuwählen. Als Maßstab sind Zuverlässigkeit und Fachkunde eines Mitarbeitendes für die konkrete Aufgabe anzulegen. Damit der Mitarbeitende die zu erwartenden Maßnahmen eigenverantwortlich treffen kann, muss er entsprechende instruiert und mit erforderlichen sachlichen, personellen, zeitlichen und organisatorischen Ressourcen ausgestattet werden.
Wie stellt man sicher, dass die übertragene Pflicht auch tatsächlich erfüllt wird?
Kontrollfunktion des Delegierenden:
Schlussendlich hat der Delegierende die Erfüllung der abgegebenen Aufgaben regelmäßig zu beaufsichtigen und zu überwachen, um seiner Kontrollfunktion zu genügen. Dazu gehört es auch, bei Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten oder Gesetzesverletzungen diesen unverzüglich nachzugehen (OLG Frankfurt a. M. Urt. v. 23.5.2019 – 5 U 21/18).
Der Nachweis über durchgeführte Kontrollen gelingt mit einer digitalen und revisionssicheren Dokumentation in einer Compliance Management Software.
Hierin sind systematisch und vollständig die Gefährdungen, rechtlichen Pflichten, Aufgaben, Anweisungen und Kontrollen bereits ermittelt und umgesetzt (z.B. Begehungen, Unterweisungen, Gefährdungsbeurteilungen usw.). In der Compliance Management Software Eticor sind die einschlägigen Rechtsvorschriften bereits in konkrete Aufgaben mit Detailtext übersetzt und können personenbezogen delegiert werden.
Wie dokumentiert man die Übertragung von Unternehmerpflichten rechtskonform?
Delegationsschreiben:
Für eine rechtssichere und ordnungsgemäße Delegation verlangt das ArbSchG kein formelles Delegationsschreiben. Dies wird lediglich in § 15 I Nr.1 SGB VII i. V. m. § 13 DGUV V1, wobei ebenfalls eine Pflichtenübertragung vorgesehen ist, gefordert.
Um innerbetriebliche Transparenz und Klarheit hinsichtlich der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zu schaffen, empfiehlt es sich jedoch, die Übertragung von Unternehmerpflichten unter genauer Bezeichnung der Aufgaben und Befugnisse schriftlich zu dokumentieren. Mit Eticor lassen sich alle delegierten Aufgaben eines Mitarbeitenden auf Knopfdruck zusammenstellen. Die konkreten Aufgaben werden somit transparent für alle Seiten benannt und dargestellt.
Anders verhält es sich bei Beauftragten eines Unternehmens, wie der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder dem Immissionsschutzbeauftragten. Da diese ausdrücklich bestellt werden müssen, geht mit der Delegation ohnehin zwingend ein Bestellschreiben einher.
Kumulative Verantwortlichkeit aller Hierarchiestufen
Aus der Übertragung von Unternehmerpflichten folgt keine Verschiebung, sondern eine Erweiterung der Verantwortung hin zu einer kumulativen Verantwortlichkeit in allen Hierarchieebenen.
Neben der Überwachungs- und Aufsichtspflicht der Unternehmensleitung haben Führungskräfte auf nachgelagerter Delegationsebene Auswahl,- Anweisung- und Aufsichtspflichten zu beachten, während Mitarbeitende, auf die bestimmte Pflichten übertragen werden, in eigener Verantwortung Ausführungspflichten unterliegen.
Ungeachtet dessen verbleibt die nicht übertragbare Kontroll- und Überwachungsverantwortung für den Arbeitsschutz immer bei der Geschäftsleitung.
Übertragung von Unternehmerpflichten – Haftung
Werden arbeitsschutzrechtliche Pflichten verletzt, kann sich die Unternehmensleitung durch das Delegationsrecht nicht vollständig der Haftung für Ordnungswidrigkeiten und Straftaten nach §§ 25 f. ArbSchG entziehen. Daneben haftet auch der Delegationsempfänger bei einer schuldhaften Pflichtverletzung über die Vorschriften der § 25 ArbSchG i.V.m. § 9 OwiG für Ordnungswidrigkeiten bzw. § 26 ArbSchG i.V.m § 14 StGB für Straftaten.
Haftungsmildernd bzw. entlastend wirkt in diesen Fällen eine Dokumentation über die eingehaltenen Pflichten in Eticor.
Organisationsverschulden vermeiden
Im Falle der Übertragung von Unternehmerpflichten bestehen für die Unternehmensleitung vielfältige Organisationspflichten. Verletzt die Geschäftsführung ihre Sorgfaltspflichten schon dahin gehend, dass ihr bei der Delegation Fehler unterlaufen, resultiert daraus eine Haftung aus Organisationsverschulden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine sorgfältige Delegation der Pflichten im Arbeitsschutz den Arbeitgeber und dessen Führungskräfte entlastet.
Da im Haftungsfall der Geschäftsleitung die Darlegungs- und Beweislast obliegt, alle relevanten Rechts- und Organisationspflichten eingehalten zu haben, ist es wichtig, die ordnungsgemäße Delegation anhand von Aufzeichnungen und Dokumenten nachweisen zu können.
Durch die sorgfältige und digitale Dokumentation in Eticor können Sie diesen Nachweis rechtssicher erbringen und Ihr Unternehmen vor der Organhaftung schützen.
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